Beschluss:
Das gemeindliche
Einvernehmen gemäß § 36 BauGB i.V.m. § 35 BauGB wird versagt.
Abstimmungsergebnis:
Einstimmig |
X |
Zustimmungen |
./. |
Ablehnung |
./. |
Stimmenenthaltungen |
1 |
Ausschließungsgründe nach § 22 GemO liegen für Ralf Berresheim und Winfried Berresheim vor, sodass diese an der Beratung und Beschlussfassung nicht mitgewirkt haben.
Sachverhalt:
Zur weiteren Betriebsentwicklung und zur Entlastung der vorhandenen
Gebäude in der Ortslage von Thür beabsichtigt der Bauherr auf den Grundstücken
Gemarkung: Thür, Flur: 3 Flurstück 88/2, 88/4, 86/10, 85/1, 93/3 den Neubau
einer sog. Vollaussiedlung. Die Bauvoranfrage umfasst den Neubau eines
Milchviehstalles, einer Fahrsiloanlage, einer Mistplatte mit Jauchegrube, eines
Güllebehälters und einer Mehrzweckhalle. Die Nachzucht sowie die Bullenmast
werden jedoch weiterhin in den Stallgebäuden der innerörtlichen Hofstelle
verbleiben.
Die o.g. Parzellen befinden sich weder im Geltungsbereich eines
rechtswirksamen Bebauungsplanes, noch im unbeplanten Innenbereich. Somit
richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB (Außenbereich). Im
Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht
entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn
es sich um ein Vorhaben der Ziffern 1-6 des § 35 Absatz 1 BauGB handelt.
Im vorliegenden Fall kommt § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB in Betracht.
Demzufolge müsste das Vorhaben einem land- oder forstwirtschaftlichen
Betrieb dienen und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche
einnehmen.
Landwirtschaftlicher Betrieb:
Landwirtschaft liegt gemäß § 201 BauGB insbesondere bei Ackerbau, Wiesen-
und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend
auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich
genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau,
der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei vor.
Die Voraussetzungen für einen landwirtschaftlichen Betrieb werden im
vorliegenden Fall als erfüllt angesehen. Die Betriebsfläche beträgt 90 ha
(davon 35 ha im Eigentum des Bauherrn). Bei dieser Größe der Betriebsfläche,
kann davon ausgegangen werden, dass das Futter für die Tierhaltung überwiegend
auf diesen Flächen erzeugt werden kann. Desweiteren ist die Tierhaltung mit der
Bodenbewirtschaftung und der Bodenertragsnutzung verbunden, da sie beide
betrieben werden, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen. Nach
Aussage des Bauherrn werden jährlich 8-10 Mastbullen, Kartoffeln, Milch und
Milchprodukte vermarktet.
Auch die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit des landwirtschaftlichen
Betriebes ist im vorliegenden Fall zu bejahen.
Dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen:
Nach § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB muss das Vorhaben dem landwirtschaftlichen
Betrieb dienen. Die dienende Funktion setzt eine bestimmte funktionale
Beziehung des Vorhabens zum Betrieb voraus. Das Vorhaben muss demnach einen
sachlichen Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen betriebenen
Tätigkeit haben. Darunter ist auch zu verstehen, dass ein vernünftiger Landwirt
dieses Vorhaben mit etwa dem gleichen Verwendungszweck und mit gleicher
Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und
das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich
erkennbar geprägt wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall als erfüllt. Die
Errichtung eines Güllebehälters, einer Mehrzweckhalle, einer Mistplatte, einer
Fahrsiloanlage, einem Ballenlager und einem Milchviehstall sind bei einem
landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung nicht als unüblich anzusehen. Auch
die Gestaltung und Ausstattung bewegt sich in diesem Rahmen.
Untergeordneter Teil der Betriebsfläche:
Nach § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB darf das Vorhaben nur einen
untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen. Wie bereits im Sachverhalt
geschildert, beträgt die gesamte Flächenausstattung des Betriebs 90 ha, wovon
35 ha im Eigentum des Bauherrn stehen. Die betriebliche Erweiterung im
Außenbereich beträgt 0,56 ha. Somit nimmt diese, im Verhältnis zur gesamten
Betriebsfläche, nur einen untergeordneten Teil ein.
Somit sind die Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB gegeben.
Jedoch müssen auch noch die folgenden Voraussetzungen gegeben sein:
Öffentliche Belange dürfen dem Vorhaben nicht
entgegenstehen:
Eine nicht abschließende Aufzählung, wann öffentliche Belange ein
Vorhaben beeinträchtigt bzw. einem Vorhaben entgegen stehen, enthält § 35
Absatz 3 BauGB. Im vorliegenden Fall widerspricht der Neubau der
Vollaussiedlung den Darstellungen im Flächennutzungsplan. Die Fläche wird als Vorrangfläche
für die Rohstoffgewinnung ausgewiesen. Jedoch ist die Bedeutung der Darstellung
im Flächennutzungsplan bei einem privilegierten Vorhaben, wie bereits oben
ausgeführt, eingeschränkt. Denn solche Vorhaben sind planartig dem Außenbereich
zugewiesen. Daher stehen sie den Darstellungen im Flächennutzungsplan nur
insoweit entgegen, als das der Flächennutzungsplan für den vorgesehenen
Standort eine konkrete andere Planung vorsieht. Privilegierte Vorhaben
überwinden demnach regelmäßig sonstige im Außenbereich berührte öffentliche
Belange.
Somit ist festzuhalten, dass nach Abwägung keine öffentliche Belange,
durch das geplante Bauvorhaben entgegenstehen.
Ausreichende Erschließung
gesichert:
§ 35 Absatz 1 BauGB setzt auch voraus, dass die ausreichende Erschließung
gesichert ist. Die ausreichende Erschließung bezieht sich auf die wegemäßige
Erschließung, die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung.
Die wegemäßige Erschließung ist im vorliegenden Fall gegeben. Gemäß der
Stellungnahme des Eigenbetriebes der Verbandsgemeinde Mendig ist allerdings
eine Anbindung an die Wasserversorgung bislang nicht vorhanden. Diese müsste
über eine privat noch herzustellende Anschlussleitung an das Versorgungsnetz
des Gewerbegebietes Thür (Querung der B 256 erforderlich) erfolgen. Auch die
abwassermäßige Erschließung ist zurzeit nicht sichergestellt. Bei der
Abwasserbeseitigung (nur Schmutzwasser) müsste ebenfalls ein privat
herzustellender Anschluss an den Verbindungssammler -parallel zur B 256-
erfolgen.
Auch eine Erschließung mit Strom ist nach Kenntnis der Verwaltung bislang
nicht vorhanden. Die erforderliche Stromversorgung hat der Bauherr direkt mit
dem betreffenden Versorger abzustimmen.
Die abschließende Beurteilung erfolgt durch die Kreisverwaltung
Mayen-Koblenz.
Der Gemeinderat Thür hat nach § 36 BauGB i.V.m. § 35 BauGB über das
gemeindliche Einvernehmen zu beraten und zu entscheiden. Sollten weitere
Aspekte auftauchen, werden diese in der Sitzung mitgeteilt und vorgestellt.